Tradingphilosophie – Andreas Mueller Karriere Teil3

Tradingphilosophie: Leben um zu Traden

Tradingphilosophie ist die Suche nach der Gretchenfrage: „Traden um zu Leben oder Leben um zu Traden?“. Um darauf eine Antwort für mich zu finden, skizziere ich an dieser Stelle die Andreas Mueller Karriere nach dem Universitätsabschluss.

Mit einer Urkunde „Diplom-Kaufmann Andreas Mueller“ in der Hand und keine universitären Verpflichtungen im Kalender begann ich meinen Tagesablauf zu 100 Prozent auf das Trading auszurichten. War das „Die große Freiheit“? Wohl kaum, denn dazu gehört die Vorbereitung eines jeden Handelstages, die Konzentration über Stunden hinweg auf die Marktaktivitäten und natürlich die Nachbereitung der getätigten Transaktionen am Abend. Für einen notwendigen Ausgleich sollten diverse sportliche Aktivitäten sorgen. Anders als in Büchern und Filmen wollte ich jedoch nicht die damit verbundene freie Zeiteinteilung ausnutzen, sondern übte mich in Disziplin. Meine Tradingphilosophie suggerierte mir: wenn man Trading als Beruf verstehen will, muss man diesen auch in ähnlicher Weise ausführen. Das bedeutete: keine ausufernden Partys an den Wochentagen und auch keine „In-den-Tag-hinein-leben-Mentalität“. Im Gegenteil: durch die Kopplung von Arbeitsplatz (Büro) und Lebensmittelpunkt (Wohnraum) wurde es immer schwieriger, den für die Psyche nötigen Punkt des „Abschaltens“ zu erreichen.

Bereits nach wenigen Monaten ebbte zudem die Anfangseuphorie ab. Die Problematik der Selbstdisziplinierung und vor allem Motivierung wird meines Erachtens stark unterschätzt. Körperliche Bereitschaft für ein tägliches Sitzen von 12 und mehr Stunden am Computer ist erzwingbar – die innere Ausgeglichenheit und die Konzentration dafür jedoch nicht. So kam es zwangsläufig zu Ablenkungen vom eigentlichen Chartverlauf. Diesen Ablenkungsbedarf sinnvoll zu nutzen, war und ist mein Ziel meiner Tradingphilosophie. Verrennt man sich im Dschungel der Finanzmärkte, besteht die Gefahr einer negativen Spiralwirkung, welche ich an dieser Stelle kurz andeute.
Das Verhältnis von Gewinn und Verlust ändert sich im Zeitablauf bei jedem Börsianer. Für Trader ist es zudem existentiell wichtig, gewisse Risikoparameter zu implementieren und diszipliniert umzusetzen. Trotz dieses Moneymanagements gibt es immer wieder Verlustphasen. In dieser Zeit zweifelt ein Trader häufig an seinen Setups und später am kompletten Handelsstil – seine Tradingphilosophie verändert sich. Er probiert im ersten Schritt sein Vorgehen an den Märkten radikal zu ändern und neigt dabei im Rausch der Emotionen womöglich zu höherem Risiko. Statistisch betrachtet wird dadurch die Verlustschleife leider nicht verlassen. Im Gegenteil: es gibt noch einen weiteren Druckfaktor – die Lebenskosten.

Tradingphilosophie: Traden um zu Leben

Trading als Beruf impliziert ein stetiges Einkommen, um entstehende Kosten zu decken und das allgemeine Lebensniveau zu sichern. Genau wie bei anderen selbständigen Tätigkeiten, muss der Berufstrader eine Summe für die private Entnahme in Form eines Gehaltes definieren. Diese Entnahme geht bei jedem Selbständigen zu Lasten des Geschäftskontos – im Falle eines Traders zu Lasten des Handelskontos. Entsteht nun die Situation der stetigen Entnahme parallel zu einer Verlustphase (Drawdown), erhöht sich unvermeidlich der psychische Druck auf den Trader. Die Auswirkungen auf die mentale Verfassung und die damit verbundene Außenwirkung gegenüber dem privaten Umfeld sind ebenfalls nicht zu unterschätzen. „Nein, heute möchte ich nicht mit in den Club“ oder „Ich rufe zurück, wenn ich Zeit habe“ sind nur stellvertretende Aussagen eines Traders, der eine negative Handelswoche durchlebt hat. Die Einsamkeit und der Prozess des „Cocooning“ beginnt, eine vorher definierte Tradingphilosophie bricht in sich zusammen.
Objektiv betrachtet richtet sich das Leben in Folge dieser Umstände einzig nach dem Trading aus. Mit dem Rücken zur Wand möchte man keine potentielle Chance verpassen und verbringt somit die folgende Lebenszeit zwischen dem unruhigen Schlaf und der nötigsten Nahrungsaufnahme vor seinen Monitoren. Ist dies eine effiziente und erfolgreiche Tradingphilosophie? Die Antwort liegt auf der Hand.

Meine Schlussfolgerung zur Tradingphilosophie

Tradingphilosophie ergab für mich durch diese Erfahrungen folgende Schlüsse:

1. Die Risikoparameter sind in Verlustphasen noch strenger zu gestalten. Wenn ein Setup in einer Marktphase nicht funktioniert, dann ist eine Erhöhung des Kapitaleinsatzes oder eine Vergrößerung der definierten Stopps für das Handelskonto tödlich.
2. Der mentale Ausgleich und Abstand zu den Märkten ist in dieser Situation noch stärker zu praktizieren. Damit ist nicht eine ersehnte Weltreise gemeint, sondern eine Fokussierung auf feste Handelszeiten und etablierte Setups. Trading aus Langeweile heraus in Verbindung mit Erfolgsdruck ist kontraproduktiv und ebenfalls für das Konto schädlich.
3. Die Pflege eines intakten Umfeldes im Sinne von Partner, Familie und Freunden bietet Rückhalt. Verabredungen sollten nicht unter dem Thema Finanzmarkt stehen, denn nichts sorgt für mehr Verunsicherung als wenn der gute Freund aus der Vermögensverwaltung einen heißen Anlagetipp suggeriert.

Tradingphilosophie ist mehr als Träumerei. Ich empfehle , das Traden als Beruf von Beginn an objektiv zu überdenken. Die praktische Umsetzung ist nicht so blumig wie die Geschichten darüber. Es existieren vermutlich weniger Trader mit einem Multi-Monitor-Arbeitsplatz auf der eigenen Yacht als Gewinner bei „Wer wird Millionär?“.

Eine ganz persönliche Abwechslung stellen beispielsweise die Gebiete Börsenseminar und Tradingcoach dar, welche ich in der Menünavigation Andreas Mueller jeweils gesondert beschreibe.

Bernecker1977 – Andreas Mueller