Scalping

Scalping im Zwielicht

Scalping ist abgeleitet von „skalpieren“ und lässt nicht nur Indianer zittern. Börseninteressierte verbinden mit diesem Begriff häufig in erster Linie eine negative Art des Wertpapierhandels durch so genannte „Börsengurus“. Diese kaufen optisch preiswerte Aktien eines Unternehmens in denen geringe Handelsaktivität an der Börse zu verzeichnen ist und streuen anschließend gezielt positive Meldungen über den Geschäftsverlauf des Unternehmens. In Folge dessen und häufig mit Unterstützung eines Börsenbriefes übersteigt die Nachfrage an der Börse nach diesen Aktien das Angebot. Die Folge ist ein starker Kursanstieg. Von dieser Steigerung profitiert der vorab investierte „Börsenguru“, indem er seine Aktien in den steigenden Kurs hinein verkauft. Sobald keine neuen Käufer animiert werden können, fallen die Kurse mangels Nachfrage am Markt. Zurück bleiben für naive Kleinanleger oftmals nur Spekulationsverluste und somit „das über die Ohren gezogene Fell“.

Scalping als Tatbestand

Die im ersten Abschnitt dargelegte Vorgehensweise von Scalping ist ein strafbares Insidergeschäft. Der Scalper wirkt auf den Börsenpreis durch gezielte Manipulation ein. Im Wertpapierhandelsgesetz $20a ist dies ausdrücklich verboten. In Abhängigkeit der Höhe einer Manipulation und eines entsprechenden Vorsatzes wird dieses Verhalten als Ordnungswidrigkeit nach $39 WpHG mit einer Geldbuße von bis zu 1.000.000 Euro bestraft oder nach $38 WpHG mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Ermittelt wird dies in Deutschland durch das Bundesaufsichtsamt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und in den USA durch die Securities and Exchange Commission (SEC). Einschlägige Fälle existieren in jeder Zeitepoche und sind nicht erst durch den Film „Wallstreet“ in den Fokus der Börsianer gerückt.

Scalping als legaler Ansatz der Daytrader

Scalping für Daytrader hat mit den oben genannten Verfahren der Kursmanipulation nichts gemein. Es handelt sich hierbei um eine legale Methode!

Der Scalper profitiert von sehr kleinen Kursschwankungen einer Aktie, eines Währungspaares oder eines Index. Zwischen Kauf und Verkauf einer Transaktion liegen wenige Sekunden bis Minuten. Notwendiges Kriterium dafür sind eine stabile Brokerverbindung, Konsequenz in der Umsetzung und entsprechendes Eigenkapital. Zudem ist auf die Liquidität in dem entsprechenden Instrument oder Markt zu achten. Blue Chips, Indizes und Währungen sind aus dieser Sicht zu präferieren. Durch das schnelle Agieren und den erhöhten Kapitaleinsatz im Verhältnis zu anderen Handelsmethoden, ist das Scalping psychisch sehr anstrengend. Es wird somit oft als extremste und aggressivste Form des Daytradings charakterisiert.

Die Trading-Legende Joe Ross sagt dazu: „Wenn Sie den Markt scalpen, dann streben Sie nach sehr kurzfristigen Zielen. Sie achten entweder auf einen technischen Einstiegspunkt oder eine andere Art von Charteinstieg. Wenn es dann zu einer plötzlichen Rally oder einem Kurseinbruch in dem Markt kommt, d.h. der Markt bricht aus der letzten Konsolidierung aus, dann versuchen Sie 50 oder 80 Punkte mitzunehmen und steigen dann wieder aus. Diese Art von Trading habe ich in den letzten 16 Jahren viel betrieben.“.

Bernecker1977 und das Scalping

Mit dieser Methode an den Märkten die Volatilität im kurzfristigen Zeitrahmen zu nutzen faszinierte mich bereits im Jahr 2002. Vor allem zu festen Terminen, an denen Bewegung im Markt entsteht, ist es immer wieder möglich, schnelle Gewinne zu realisieren. Stellvertretend dafür sind die Zeiten 14.30Uhr und 16.00Uhr genannt, an denen regelmäßige Wirtschaftsdaten aus den USA veröffentlicht werden. Da Optionsscheine durch ihre Konstruktion oftmals nicht umgehend auf Veränderungen der Volatilität und des Kurses reagieren (bzw. die Bank als Emittent), freute ich mich über die aufstrebende Produktkategorie der Hebelzertifikate. Unter den Namen Mini-Futures, Bull/Baer-Zertifikate oder Knockouts orientieren sich diese realtime an den Kursnotierungen des Basiswertes. Für den Index-Trading im DAX vollzieht sich die Orientierung am DAX-Future, während der XETRA-DAX lediglich für die Schwellenwerte des Knockouts (an dem das eingesetzte Kapital verloren ist und das Derivat folglich vom Handel ausgeschlossen wird) die maßgebliche Größe ist. Der außerbörsliche Handel (Direkthandel mit dem Emittenten) bietet zudem ein so genanntes „Kursfenster“, in dem jeder Trader einige Sekunden Zeit für eine endgültige Zusage der Transaktion erhält. Genau hier ergab sich das Scalping: mit einem Auge die Kursveränderung des DAX-Future in einer volatilen Marktphase zu beobachten und parallel dazu das Kursangebot im entsprechenden Derivat zu prüfen. Jede kleinste Veränderung generiert im Scalping somit ein Signal.

Auf wallstreet:online veröffentlichte ich diese Art von Trading immer wieder beispielhaft und fasste zudem die Ergebnisse auf einer kleinen Webseite zusammen. Nach 441 Handelstagen und einer Performance von 10.000 Prozent entschloss ich mich im September 2004, diesen Ansatz und meine Erfahrungen dazu unter dem Namen Scalping – das schnelle Geld – ein reales Experiment zu veröffentlichen. Die Resonanz darauf war nicht nur für mich sehr beeindruckend, sondern wurde auch als Grundlage für einen Artikel in „Die Welt“ genutzt. Unter dem Link Turbozock mit gezinkten Karten ist dieser archiviert. Meiner Meinung nach resultiert die sehr einseitige Darstellung aus der Tatsache, dass der Verfasser natürlich die Sichtweise der Bank in den Vordergrund stellte. Ob abhängig davon oder nicht – das dort beschriebene Vorgehen ist immer schwerer umzusetzen.

Rückblick und Status Quo

Wie stellte man sich das Scalping mit Derivaten genau vor? Eine aufgearbeitete Beschreibung befindet sich im Spezial-Artikel Scalping mit Knockouts.

Weitere Handelsansätze sind in der Menünavigation Bernakademie verfügbar.

Bernecker1977 – Andreas Mueller