Air Berlin mit Kurssprung in letzter Minute: Lufthansa als Profiteur

Börsenbeobachter reiben sich die Augen. Die Aktie von Air Berlin mit Kurssprung in letzter Minute am heutigen Handelstag ist nichts für schwache Nerven. Von 16 Cent auf 25 Cent klettert die Notierung in Frankfurt um rund 50 Prozent. Dabei steht das Unternehmen kurz vor dem Aus. Profiteure sind, anders als man bei dieser Headline denken könnte, nicht etwa die Aktionäre, sondern vielmehr die Lufthansa AG.

Kurssprung von 50 Prozent versus langfristige Entwicklung

Im so genannten intraday-Chartbild von finanztreff.de sieht man den Kurssprung sehr deutlich:

Intraday Notiz Air Berlin mit Kurssprung

Immerhin übernimmt die Lufthansa einen großen Teil der solventen Fluggesellschaft. Man munkelt hierbei, dass vorrangig die positiven Geschäftsfelder und damit auch Streckennetze und mindestens 80 Maschinen übernommen werden sollen. Somit eher Vermögenswerte als die Schulden von einer Milliarde Euro. Welche Teile genau letztlich an die Lufthansa übergehen, wird ab heute Mittag im Kaufvertrag fixiert werden.

Der Sprung der Aktie von Air Berlin ist somit trügerisch. Nach der Insolvenz und im Zuge der Abwicklung werden die Verkaufserlöse vorrangig an Gläubiger gehen. Übrig bliebe ein wertloser Mantel. Wie wertlos und was damit geschieht, ist sicherlich reine Spekulation. Damit dürften auch nur reine Spekulanten noch in der Aktie investiert sein. Eine sinnvolle Investition für Anleger ist dies sicherlich schon länger nicht mehr. Man erkennt den Abwärtstrend auch im längerfristigen Chartbild:

Air Berlin mit Kurssprung: Langfristchart
5 Jahre Chartbild Air Berlin

In der Regel enden Insolvenzen im Chartbild rechts unten…

Kurzer historischer Exkurs

Joachim Hunold übernahm die Fluggesellschaft im Jahr 1991 mit zwei Maschinen und 150 Mitarbeitern. Wenige Jahre später gehörten zu Air Berlin 387 Flugziele, 170 Maschinen und 8900 Angestellte. Damit war sie Deutschlands zweitgrößte Fluglinie hinter der Lufthansa und überzeugte vor allem durch ihre Preise. Zukäufe und Beteiligungen kosteten jedoch viel Geld. Die Gewinne schrumpften ab 2011 und wandelten sich danach sogar in ein Minus. Der spätere Großaktionär „Ethihad“ stand immer wieder mit frischem Kapital zur Seite und erlangte insgesamt Unternehmensanteile von 30 Prozent. Im Geschäftsbericht des Jahres 2016 wurden allerdings 782 Millionen Euro ausgewiesen, wie man hier auf finanztreff.de -> nachlesen kann.

Air Berlin meldete am 15. August 2017 Insolvenz an und startete damit eine heiße öffentliche Diskussion und einen wirtschaftlichen Bieterkampf unter den Wettbewerbern.

Lufthansa als Profiteur

Vor allem inländische Wettbewerbsbeobachter sehen diesen Schritt kritisch. International ist er dies jedoch lange nicht, denn die Lufthansa weitet zwar die Marktanteile national aus, doch bleibt international immer noch ein eher „kleines Licht“. Insgesamt sollen nach Presseberichten bis zu 90 von 140 Flugzeugen übernommen werden. Diese fliegen dann auf den ebenfalls zu übernehmenden Langstreckenflügen weiter. Wie viele Mitarbeiter dabei übernommen werden, ist noch nicht geregelt und Teil der öffentlichen Diskussion diese Tage. Immerhin hat die Lufthansa AG rund 540 Tochter- und Beteiligungsunternehmen und kann hier sicherlich einige Mitarbeiter gut positionieren.

Doch schauen wir hier auf den Chartverlauf der Lufthansa, ebenfalls Zeitraum 5 Jahre auf finanztreff.de

Air Berlin mit Kurssprung: Profiteur Lufthansa
5 Jahre Chartbild Lufthansa AG

Der Aufwärtstrend der letzten 12 Monate ist nicht zu übersehen. Mit einem Kursplus von 150 Prozent auf Sicht von einem Jahr hat die Aktie den DAX weit hinter sich gelassen und lässt Aktionäre jubeln. Allein im laufenden Jahr ist der Zuwachs aktuell genau 100 Prozent und entspricht damit einer Verdopplung.

Noch langfristiger geschaut ist die Aktie der Lufthansa AG sogar auf einem neuen Allzeithoch. Dies lag bisher bei 26,15 Euro, wobei „bisher“ einem Zeitraum von 20 Jahren entspricht (genau: 08.07.1998). So lange mussten Marktanalysten somit auf ein neues Allzeithoch warten!

Aus charttechnischer Sicht ist dies natürlich ein großes Kaufsignal. Wie schon der Kollege auf Trading-Treff titelte „Der Höhenflug der Lufthansa hält an„. Jedoch sehe ich persönlich auch immer wieder die Schwierigkeiten bei Übernahmen und Firmenintegrationen. Aus diesem Winkel heraus ist eine Zurückhaltung und Konsolidierung abzuwarten, bis wirklich alle Verträge in „trockenen Tüchern“ sind und man die Kosten und vor allem positiven Effekte dieser Übernahmen genauer beziffern kann. Air Berlin mit Kurssprung in letzter Minute sollte man daher nicht überbewerten oder falsch interpretieren!

Ich wünsche Ihnen dennoch einen guten Flug und tolle Investment-Ideen

Ihr Andreas Mueller (Bernecker1977)

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